Ein Fussball zu Weihnachten

 

 

Die folgende Geschichte ist frei erfunden! Ähnlichkeiten zu lebenden oder anwesenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt!

 

"Wunder? So ein Quatsch", meint Bernd lachend. "Ihr habt doch einen an der Waffel. So etwas gibt es doch nur im Fernsehen oder in der Bibel."

 

Acht Fussballbrüder sitzen im Stadion und diskutieren über mystische und phantastische Phänomene. Es kommt nicht oft vor, dass sich die Freunde über solche Themen unterhalten. Doch nun sind sie mit Begeisterung bei der Sache. Es ist kurz vor Weihnachten. Ein Grund mehr für Bernd sich mal wieder über Menschen lustig zu machen die ernsthaft über solche Dinge nachdenken.    "Wenn ich einen in der Krone habe erscheinen mir immer alle möglichen Geister. Aber ob das etwas mit Phänomenen zu tun hat wage ich noch zu bezweifeln", schreit er lachend durch den Glaskasten.

 

Horst-Bernd mischt sich ein: "Kinder, denkt doch mal nach!", beginnt er mit überheblicher Stimme zu erklären. "Für alle außergewöhnliche Ereignisse gibt es meist eine natürliche Erklärung. Nur weil wir es im Moment nicht verstehen, muss es sich nicht gleich um etwas übernatürliches handeln."

"Richtig", bestätigt Bernd knapp.

"Ich weiß", meint der dünne Dieter mit erregter Stimme. "Die einzigen Phänomene an die ihr glaubt sind Fußball, Autos, Frauen, und Flaschenbier."  Nach einer Weile ist die Diskussion so heftig geworden, dass sie kein Ende zu nehmen scheint. Dieter ist ins Kreuzfeuer geraten.

 

"Es ist aber auch nicht ganz auszuschließen, dass es so etwas gibt", meint schließlich Rainer kleinlaut.                                                                           

"Hört sich mal einer den kleinen Rainer an", meint Bernd lachend. "Der traut sich doch tatsächlich gegen uns zu diskutieren."

 

Fünf Fussballbrüder reden nun amüsiert auf die beiden unterlegenen ein. Heinz hält sich erst neutral. Er überlegt ob er eine Geschichte erzählen soll. Als Dieter und Rainer immer mehr in Bedrängnis geraten, meldet er sich zu Wort: "Moment mal Freunde! Vielleicht sollte ich euch einmal eine Geschichte erzählen, bevor ihr weiter diskutiert."

 

Erstaunt schauen sie ihn an.                                                                        

"Huh, hört mal her! Wir haben einen Märchenonkel in unserer Mitte", ruft Bernd.

 

"Ach vergesst es! War ja nur so eine Idee", meint Heinz ausweichend.

"Nee Nee Junge, jetzt raus damit", fordert Horst-Bernd                             

"Ja, wir hatten heute ja noch keine Gute Nacht Geschichte gehört", lacht Bernd.  

 

"Hätte ich doch nur meinen Mund gehalten", hört man Heinz sagen. "Aber gut, wenn ihr es unbedingt wollt werde ich euch die Geschichte erzählen."

 

 Wie ein graues Tuch hängt der Himmel über der Siedlung. Nieselschnee fällt auf das Haar vom kleinen Ferdinand. Er prellt seinen Fußball, eigentlich ist es eine große, verbeulte Pfirsich-Dose gegen ein Garagentor; auf jeden Fall versucht er es. Jedesmal gibt es einen dumpfen Ton. - Da kommt die Stimme von oben.
" Hör endlich auf mit dem Gepolter! Das klingt ja gräßlich!"
Der alte Onkel Meyering! Ferdinand kennt ihn. Immer hat er etwas zu meckern.

 

Ferdinand setzt sich auf den Abfalleimer, die Dose zwischen den Beinen. Noch zwei Tage bis Weihnachten! Ist denn niemand auf dem Vorplatz, mit dem er spielen kann? Er wünscht sich unbedingt einen richtigen Lederball, obwohl der Ewald und der Heinz-Herm immer sagen, dass er gar nicht Fussball spielen kann! „Aber die sind ja auch doof“, denkt sich Ferdinand.

Sein Freund Hannes ist mit seiner Mutter in die Stadt gegangen, einen neuen Kühlschrank kaufen, und sein Freund Wilfried ist den ganzen Tag am Fahrradfahren. Ferdinands Mutter kommt erst gegen sieben Uhr nach Hause. Vor Weihnachten wird es immer so spät im Geschäft. Viel Geld verdient sie auch nicht. Was tun? Nach oben gehen, hat Ferdinand keine Lust. Im Fernsehen gibt es doch nur Kleinkinderkram und Gerichtshows.

 

Zwei Arbeiter gehen vorbei. Einer trägt einen verschnürten Baum unterm Arm.
"Ich habe noch keinen Baum besorgt", sagt der andere.
"Im vorigen Jahr waren sie am Heiligabend um die Hälfte billiger. Überhaupt, der ganze Rummel! Von mir aus kann Weihnachten ruhig abgeschafft werden."

 

Ferdinand hört nicht mehr, was der andere darauf antwortet. Ihm ist plötzlich kalt am Rücken geworden. Es schneit immer mehr.
Was meint der Mann? Weihnachten abschaffen? Kann man etwas abschaffen, das es schon immer gibt? Ferdinand umkrallt seine Dose. Gibt es Weihnachten nicht schon immer? Nicht schon seit zweitausend Jahren? So hat er es doch gehört. Eine lange Zeit!


Warum gefällt es dem Mann jetzt nicht mehr? Abschaffen? Aber er wünscht sich doch so sehr einen richtigen Leder-Fussball.
Oma Litmeyer hat im Herbst ihren Hund Timmy abschaffen müssen. Er hat die Mieter gestört. Noch lange Zeit hat sie deshalb geweint.

Aber Weihnachten! Kann man das abschaffen wie einen Hund, der die Leute stört? Ferdinand rutscht vom Eimer und fingert nach seinem Schlüssel. Oben klingelt er bei Oma Litmeyer. Zum Glück ist sie zu Hause. Warmer Dunst schlägt ihm entgegen, als er die Türe öffnet.

 

" Ich bin beim Backen," sagt Oma Litmeyer. "Wenn du dir die Finger wäschst, kannst du mir ausstechen helfen." Ferdinand ist es recht. Nur jetzt nicht allein sein müssen! Hier ist es schön warm.
Auf der Kommode hat Oma Litmeyer ihre Figuren aufgestellt. Ferdinand kennt sie vom letzten Jahr: Kleine Engel mit kurzen Hemdchen und nackten Füßen. Jeder spielt ein anderes Instrument. In der Ecke steht der Weihnachtsbaum; der Stern ragt bis zur Decke.

 

Er sticht Herzen und Sterne aus, Monde und Blumen. Seine Finger erwärmen sich und werden geschickter. Was hat doch der Mann auf der Strasse gesagt?
"Kann man Weihnachten abschaffen?" Im gleichen Augenblick hat er es laut gesagt. Es ist heraus. Oma Litmeyer schaut ihn erschrocken an.
" Wie kommst du denn da drauf?"
" Nur so. Ein Mann hat es gesagt. Es stört ihn. Zuviel Rummel."

 

„Menschen reden öfter dummes Zeug, Ferdinand, mein Junge, sagt Oma Litmeyer! Weihnachten ist das Fest der Liebe. Man verschenkt Liebe, man bekommt Liebe! Und wenn Du ganz fest daran glaubst, werden Deine Wünsche wahr! Schau nur einmal unter dem Weihnachtsbaum“!

 

Ferdinand geht neugierig zum Baum, bückt sich und hebt einen niegelnagelneuen Lederball auf! Er freut sich so sehr, dass er zu Oma Litmeyer läuft und sie herzlich umarmt. Dabei hört er 100 Glöckchen bimmeln!

 

„Hörst Du auch die Glöckchen, fragt er?“                                                     „Nein, nein, sagt Oma Litmeyer, dass sind keine Glöckchen, dass ist mein Nachbar Gerd, der  füllt den Kühlschrank wieder mit Bierflaschen“!

 

Auf einmal wird es hell! Ferdinand liegt in seinem Bett, seine Mutter sitzt daneben. „Ach Gott sei dank, Ferdinand, du lebst. Du bist vom Eimer in den Schnee gefallen und hast dich stark verkühlt. Heute ist schon der                       1. Weihnachtstag“.                                                                                           „Aber ich war doch bei Oma Litmeyer, sagt Ferdinand“.                               

„Nein, das hast Du alles geträumt“.

 

Ferdinand springt auf und läuft zur Wohnung von Oma Litmeyer. Er klingelt, und Oma Litmeyer öffnet ihm die Tür. Als er den Weihnachtsbaum sieht, blinkt und blitzt etwas darunter. Es ist ein Ball, ein neuer Fussball, ein niegelnagelneuer Leder-Fussball!